29. Dezember 1943
GEO INFO | ||||
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Stellung „Ilse/Anna“[1] |
Nach einigen Verschiebungen haben wir unsere neuen Kompanieabschnitte übernommen. Die neue Frontlinie besteht wieder aus einzelnen Stellungen (MG-Stellungen und Schützenlöcher für Doppelposten), die im Abstand von einhundert Metern voneinander liegen. Mein Kompanie„bunker“ liegt fünfzig Meter hinter der Linie, etwa in der Mitte des Kompanieabschnitts. Vorläufig ist es noch ein einfaches Erdloch von 2 Metern im Geviert und 1,70 Meter Tiefe. Auch alle anderen Stellungen sind noch offene Löcher. Die Balken bzw. Baumstämme für die Decken sollen im Laufe der nächsten Tage herangefahren werden. Bis dahin liegen wir Tag und Nacht unter freiem Himmel. Zur Zeit herrschen 23 Grad Kälte. Wir sind froh darüber, denn es könnten noch mehr sein. Zum Schutz gegen die frische Luft habe ich meine Zeltbahn vom oberen Rand des Loches schräg zum Boden gespannt. Unter dieser Schräge liegt eine Handvoll Stroh. Mein Melder hat es auf der anderen Seite genauso gemacht. Das ist mein Kompaniegefechtsstand!
Unsere Winterbekleidung ist gut und warm. Ich trage unter der Uniform ••• S. 170 •••einen Pullover, über der Uniform eine Pelzweste und darüber den Wintertarnanzug mit Filzstiefeln, Pelzhandschuhen und Pelzmütze. Aber um nachts bei minus 23 Grad unter freiem Himmel zu schlafen, genügt es doch nicht. Mehr als drei bis vier Stunden Schlaf bekomme ich in diesen Nächten nicht, da ich schon nach wenigen Stunden vor Kälte wieder aufwache und dann so durchgefroren bin, dass ich nicht wieder einschlafen kann. Da liege ich dann fröstelnd und mit steifen Gliedern, nur mit dem dünnen, grünen Uniformmantel zugedeckt, und spüre, wie mir der Frost bis in die Knochen dringt.
Die ersten Fahrzeuge mit Balken und Stämmen treffen ein. Ich lasse sie zu den MG-Stellungen fahren, damit diese zuerst fertig werden. Die MGs sind unsere stärkste Waffe hier vorn. Sie müssen geschützt werden. Außerdem sind da gleich vier bis sechs Männer, die nicht zu frieren brauchen, während in meinem Loch nur zwei Mann liegen.
Der einzige Vorteil ist augenblicklich, dass die Verpflegungsfahrzeuge bis nach vorn kommen können, so dass die Männer wenigstens warme Verpflegung erhalten. Mit der Feldküche kommt jeden Abend ein Mann von der Schreibstube mit nach vorn, um mir die Unterschriftenmappe vorzulegen. Bei diesem Geschäft wechseln sich der Spieß und der Gefechtsschreiber immer ab. Heute ist der erste Schreiber wieder dran. Er ist mühsam in mein provisorisches Zelt gekrochen, hockt nun dicht neben mir und reicht mir die Schriftstücke nacheinander zur Durchsicht und Unterschrift. Ich sitze auf dem Strohlager, die Beine unter der Decke, den Rücken gegen die steinhart gefrorene Wand unseres Loches gelehnt, und versuche, mit meinem klammen Fingern den Bleistift festzuhalten. Es gelingt mir nur mit Mühe, meinen Namen zu kritzeln. Endlich sind wir fertig, und ich kann meine Pelzhandschuhe wieder anziehen. Der Schreiber aber ist froh, dass er wieder nach hinten in seine warme Bauernstube zurückkehren kann.
Eines will ich an dieser Stelle mal festhalten: Meinem Tross hinten, angefangen beim Spieß bis zum letzten Fahrer, geht und ging es im Einsatz besser als mir, dem Offizier. Die liegen da hinten nachts in warmen Betten, meist unbehelligt von feindlichem Feuer, erhalten ihre regelmäßigen warmen Mahlzeiten und mancherlei zusätzliche Verpflegung, die sie von den Russen bekommen oder eintauschen. Wer darauf ausgeht, kann auch entgegenkommende weibliche Gesellschaft haben. Wir hier vorn aber frieren und hungern oft genug, und den Offizieren geht es nicht besser als den Männern.
Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang |
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente |
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