Januar 1943

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Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Chronik 40–45

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

Chronik 45–49

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

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Und dann war auch dieser Urlaub zu Ende.[1] Ruth hatte mich noch zum Anhalter Bahnhof gebracht, und nun rollt der Zug[2] durch die vertrauten Stadtviertel der geliebten Heimatstadt dem Westen zu.

In Reims••• S. 3. oder 4. Januar ••• steigt ein Leutnant unseres Bataillons zu. In Brest••• S. 4. oder 5. Januar ••• geht er in die Bahnhofskommandantur, um dem Bataillon in Le Conquet unsere Ankunft mitzuteilen und vielleicht einen Wagen zum Abholen zu bekommen. Ich warte inzwischen an der Brüstung des hohen Steilufers der Hafenbucht, die sich tief unter mir bis in die weite Ferne ausbreitet. Dabei beobachte ich ein U-Boot, das in der Bucht gerade eine Trimmfahrt macht und Tauchübungen vornimmt.

Nach einer Weile kommt der Leutnant zurück, streckt mir die Hand hin und ••• S. 116 •••sagt: „Gratuliere, Herr Leutnant!“ Er hatte am Telefon vom Adjutanten Leutnant Gawletta erfahren, dass ich mit Wirkung vom 1.11.42 zum Leutnant befördert worden war. Das musste natürlich sofort gefeiert werden, und da wir bis zur Abfahrt des Autobusses – das Bataillon konnte uns nicht abholen – noch viel Zeit hatten, gingen wir in das „Haus des Seekommandanten“[3]. Das ist ein Etablissement, das im Erdgeschoß ein Speiserestaurant und im ersten Stock Kasinoräume für Marineoffiziere besaß. Inzwischen hatte sich noch ein Feldwebel unseres Bataillons eingefunden, den ich gleich mitnahm. Ich lade die beiden also zum Essen ein und leiste mir selbst zur Feier des Tages eine Gänseleberpastete. Der Preis ist beachtlich, aber ich konnte dieser Delikatesse eigentlich keinen Geschmack abgewinnen.

In Le Conquet begrüßt mich Leutnant Gawletta sehr herzlich. Er hatte ursprünglich die Absicht, mir die Nachricht von meiner Beförderung und gleich drei Tage Einkleidungsurlaub telegrafisch mitzuteilen, aber das Telegramm hätte mich in Berlin nicht mehr erreicht. Stattdessen hatte er sich etwas anderes ausgedacht: Er wollte mir drei Tage Einkleidungsurlaub nach Paris vermitteln und dann gleich mitkommen.

In diesem Haus gegenüber der Schule war das Casino (Street View)

Am nächsten Tag bringe ich erste einmal meinen Rock und Mantel in die Schneiderei, um mir die Rangabzeichen aufnähen zu lassen. In der Zwischenzeit schreibe ich meinen Eltern einen Brief, worin ich ihnen meine Beförderung mitteile und gleichzeitig um meine Schirmmütze und Papas 6,5-mm-Pistole bitte. Die Schirmmütze hatte ich im letzten Urlaub schon im Hinblick auf die zu erwartende Beförderung mit einer Silberkordel versehen lassen, und Papas Pistole entsprach genau den Anordnungen des OB (Oberbefehlshaber) Frankreich[4], die forderte, dass Offiziere eine Waffe tragen sollten, ohne dass sie auffiel. Abends lud ich dann nochmals alle anwesenden Offiziere des Bataillons zu einem bescheidenen Fest in unserem Kasino ein. Dieses „Kasino“ war die Wohnung der Witwe eines wohlhabenden Bürgers der Stadt. Die Dame war schon sehr alt, aber unverkennbar aus gutem Hause. Das ihr gehörende Haus lag gegenüber der Schule. Hier saßen wir nun gemütlich bei einigen Flaschen Wein zusammen. Es war ein bescheidenes Fest, aber zum Schluss saßen wir nicht mehr auf den Stühlen, sondern auf den Schränken und ließen die Beine herunterbaumeln. Wir waren aber nicht einmal angeheitert, sondern nur heiter. Und wir haben nichts kaputt gemacht.

Die Division darf 30 Mann zur Besichtigung nach Paris schicken, und der liebenswürdige Adju hat mich als Führer dieser Gruppe vorgesehen. Die Truppenführung tut schon etwas, um den Mannschaften etwas Abwechslung und Einblick in französische Kultur zu bieten. Da aber die Ernährungslage in Paris sehr schwierig ist, darf außer den in der Stadt liegenden Wehrmachtsteilen niemand ohne Sondergenehmigung hinein. Der Besuch der Stadt wird daher immer nur in kleinen Gruppen gestattet. Die Dienststelle, bei der wir uns melden müssen, liegt in der Nähe der Place de la Concorde. Dort wird uns ein Elsässer zugeteilt, der die Führung durch die Stadt übernehmen soll. Da ich Paris schon kenne, nehme ich nur einmal an einer Gruppenführung teil, um den Arc de Triomphe zu besteigen. An den übrigen Tagen spaziere ich allein durch die Stadt und besuche alle die Stätten, die ich vor zehn Jahren als Student kennengelernt hatte. Damals war ich friedlicher, wenn auch nicht bei allen gern gesehener Gast. Das Misstrauen gegen Hitler, der damals gerade an die Macht gekommen war, und französischer Chauvinismus wurden mir schon damals entgegengebracht. Heute stehe ich als Offizier der Besatzungsmacht an denselben Orten.

Die Gruppe ist in einem Wehrmachtsquartier in einem großen Raum untergebracht. Ich selbst wohne in einem kleinen Hotel in der Nähe der Place de l’Opéra.

Heute ist Sonntag. Ich gehe, genau wie vor zehn Jahren, zum Gottesdienst in die Madeleine. Nach dem Gottesdienst sehe ich ein hübsches, gepflegtes Mädchen die Kirche verlassen. Ich gehe ihr nach und spreche sie an. Da stellt sich heraus, dass sie Deutsche ist, die bei einer deutschen Dienststelle arbeitet. Im ersten Augenblick bin ich etwas enttäuscht, denn ich wollte ja französisch sprechen. Aber nun war es geschehen, und so liefen wir noch eine Weile durch die Champs-Élysées, bis jeder zum Essen nach Hause musste.

Am letzten Abend besucht unsere Gruppe die „Folies Bergère“. In dieses Kabarett gehe ich mit. Zwar habe ich bei dem rasanten Sprechtempo des Con••• S. 117 •••férenciers und dem Feuerwerk sprühender Witze nicht viel verstanden. Auch war die Rahmenhandlung äußerst dürftig, aber dafür wurde sehr viel Fleisch geboten.


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Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

  1. Es ist noch unklar, ob der Autor die Rückfahrt am 2. oder 3. Januar antrat; das hängt davon ab, wie der letzte Urlaubstag, der 4. Januar, zu verstehen ist, ob er nämlich am 5. zu Dienstbeginn oder erst während des Tages zurück sein musste (oder vielleicht sogar erst am 4. die Rückfahrt antreten musste).
  2. SF 324 ab Berlin Anhalter Bf. 17:35, an Metz 8:28, SF 924 ab Metz 11:39, ab Reims 18:28, an Brest 10:17
  3. vermutlich das Kasino des Seekommandanten Bretagne
  4. Die offizielle Bezeichnung lautete „OB West (H.Gr.Kdo D)