19. Juli 1948

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Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Chronik 40–45

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

Chronik 45–49

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

English
GEO INFO
Sloboda Karte — map
Gatsets Karte — map

19.7. Ein Mann beim Verladen verunglückt. – Am Montag 2 große OK- und K3[1]-Transporte. Großzügigkeit kennt der Russe nicht. Nur die Kranken und Unbrauchbaren schickt er nach Hause. Beschämend und zum Zorn reizend ist das Bewusstsein, dass ein älteres Kulturvolk sich von diesen Primitiven unterdrücken lassen muss. Aber das geschieht ja nicht zum ersten Mal in der Geschichte.

Sloboda

Wir sind in Sloboda. Es ist ein kleines Walddörfchen mit einer winzigen Holzkirche und dem typischen zwiebelförmigen Dach.[2] Es ist fast ein idyllischer Ort. Die Kirche ist mit einem Stacheldrahtzaun umgeben und dient als Gefangenenlager. Das Innere der Kirche ist wegen der winzigen Fenster fast lichtlos. Der Raum ist mit Holzpritschen vollgestopft, die fürchterlich verwanzt sind. Glücklicherweise ist unser Kommando in einer neuen Baracke untergebracht, die erst kürzlich neben der Kirche errichtet worden ist. Man erzählt uns, dass im Mai 45 hier 400 Mann herkamen. 2 Monate später waren sie alle OK, unterernährt. Auch hier Verpflegungsbetrug, Bonbons statt Zucker, gute Produkte verkauft, gegen schlechtere getauscht und an uns ausgegeben. Prozente nur für Schwerarbeit. Als ob Holzfällen keine Schwerarbeit wäre! – Es sind riesige, fast unberührte Wälder, in denen wir arbeiten. Der Waldboden ist auf weiten Flächen mit Blaubeergebüsch bedeckt. Während einer Mittagspause nehme ich mein Kochgeschirr und schleiche mich fort, um Blaubeeren zu pflücken. Natürlich ist es verboten, sich von der Arbeitsstelle zu entfernen, noch dazu im Wald. Aber ich brauche nicht weit zu gehen, denn schon nach wenigen Schritten bin ich mitten in den Blaubeeren. Ich fange an zu pflücken. Die Beeren sitzen so massenhaft an den Pflanzen, dass ich nach kurzer Zeit mein Kochgeschirr fast gefüllt habe. Ich rutsche auf den Knien langsam vorwärts und sammle mit beiden Händen die Beeren. Da schrecke ich zusammen und drehe mich um. Hinter mir steht ein Posten, das Gewehr schräg nach unten auf mich gerichtet. Ich hatte ihn nicht kommen hören. Das merkte er an meinem Erschrecken, und die gelungene Überraschung erfüllte ihn mit Genugtuung. Vielleicht ließ er mich deshalb weiterpflücken. Das gibt eine schöne Suppe. Man kann sie auch roh essen oder im Lager verkaufen, oder an Russen.

Beim Fällen arbeiten wir in Dreiergruppen. 2 Mann sägen den Baum um, und der dritte entästet ihn. Den Abtransport besorgen wieder andere Gruppen. Sie tragen die Stämme an den Waldweg, wo sie von Lkws abgeholt werden. Die losen Äste werden in großen Haufen aufgetürmt. In meiner Gruppe arbeitet Werner Gräser mit einem Kameraden, die immer 6 Bäume im Eiltempo umsägen und dann eine Pause machen, weil ich mit dem Abschlagen der Äste[3] gar nicht so schnell nachkommen kann. Ich habe eine gute, messerscharfe Axt, mit der ich armdicke Äste mit einem einzigen Schlag glatt wegrasiere. Aber es ist nicht ungefährlich.

Nach Feierabend dürfen wir das umzäunte Lager verlassen. Es liegt ja fast im Dorf. Aber nur wenige machen davon Gebrauch, denn es lohnt sich kaum. Ich aber, als Neuling, gehe mal hinaus und schlendere die kleine Dorfstraße entlang, an der etwa ein Dutzend Häuschen stehen, die schon das ganze Dorf bilden. Hinter einem der Häuschen sehe ich im Garten ein Mädchen hantieren. Sie hat Tomaten geerntet. Ich gehe zu ihr und bitte sie um eine Tomate. Während ich noch mit ihr spreche, kommt ihr Vater aus dem Haus. Es ist der russische Lagerkommandant. Er geht wortlos vorüber.


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  1. siehe Fußnote unter 27.04.1947
  2. Es gibt viele Orte namens Sloboda (Liste in der WikipediaListe in Google Maps), aber nur dieser scheint nahe einer Kirche zu liegen, die sich allerdings im Nachbarort Gatsets befindet.
  3. Nomen est omen? Der Name „Schrödter“ bedeutet in Schlesien, wo die Familie herstammt, „jemand, der Stämme entastet ((schrotet)“.