23. Oktober 1941
GEO & MIL INFO | ||||
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Jegoriewka[1] | ||||
wieder (sGrW-) Zugführer, wohl wieder in der 8.(M.G.)/I.R. 477 (II. Batl.), KpFhr: Lt Herzog |
Am nächsten Morgen (23.10.1941) reite ich los. Am Dorfausgang verlasse ich die schlammige Straße und wende mich nach Südosten. In dieser Richtung soll das Dorf liegen. Ich folge einem kaum erkennbaren Feldweg, der sich über weite Äcker und ausgedehnte Weiden dahinzieht. Vor meinen Augen dehnt sich eine schier endlose schwachwellige Landschaft. In der Ferne liegt ein Hügel, auf den ich zuhalte. Von Zeit zu Zeit komme ich an hohen Strohdiemen vorbei. Das Land war also bebaut. Jetzt aber liegt es kahl und verlassen da. Dunkelbraun und schmutzig sieht die Erde aus. Die Äcker ebenso wie die Wiesen und Weiden mit ihrem trockenen Gras. Ich reite durch die Stille. Nur das Puffen der Pferdehufe am Boden und das rhythmische Knirschen des Sattelzeugs dringen in mein Unterbewusstsein. Ab und zu prustet das Pferd, und wenn es den Kopf schüttelt, dann klirrt das Zaumzeug. Ich bin schon länger als eine Stunde geritten, da begegne ich den ersten Menschen. Einige Russen, die dem Dorf zuzustreben scheinen, aus dem ich komme. Dann bin ich wieder allein, reite zur Abwechslung eine kleine Strecke im Trab, falle dann wieder in Schritt, hänge meinen Gedanken nach. Hin und wieder blicke ich prüfend in die endlose, einsame Weite, um mich zu orientieren. Außer dem Hügel vor mir gibt es in dieser leeren Landschaft keine Anhaltspunkte. Ich reite noch zwei Stunden, ohne auf dem ganzen Weg auch nur einen Baum oder Strauch gesehen zu haben. Ich bin auch keinem Menschen mehr begegnet. Endlich, um die Mittagszeit, erkenne ich am Horizont eine Rei••• S. 48 •••he von Telegrafenmasten, die sich in eine Senke hinunterziehen. Dort muss ich also irgendwo zu Menschen kommen. Der Zeit nach müsste ich auch bald am Ziel sein. Als ich dann die Senke erreiche, sehe ich das Dorf unter mir liegen. Ich reite hinein und sehe auch schon die ersten bekannten Gesichter. Nach der Meldung beim Chef begrüße ich die alten Kameraden und lasse mir vom Spieß mein Quartier anweisen. Hier verbringe ich eine schlaflose Nacht. Ich hatte mich kaum auf mein Strohlager auf der Erde niedergelassen, als ich auch schon die ersten nadelfeinen Stiche und ein verdächtiges Krabbeln verspürte. Ich mache Licht und starre ungläubig auf meinen Oberschenkel. Er war schwarz von Flöhen, die in Blitzgeschwindigkeit weghopsten. So etwas habe ich vorher und nachher nicht wieder erlebt.[2] Es war meine einzige Nacht hier.••• im Original weiter ohne Zeilenumbruch •••
Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang |
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente |
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- ↑ in der Sonderausgabe (Nachdruck der rusischen Karte) 1:100 000 Blatt Nr. M-37-XIII West Kramatorskaja „Jegorjewka (Егорьевка)“, in der Heereskarte Osteuropa 1:300 000 Blatt Nr. Z 50 Isjum auch „Jegorowka“, gem. Wikipedia eigentlich ukr. „Jagoriwka“ (Ягорівка), russ. „Jagorewka“ (Ягоревка)
- ↑ Nicht die Flöhe, aber die zunehmende Verlausung war aktenkundig (KTB 257. I.D., NARA T-315 Roll 1804 Frame 000065).