1941/März/30: Unterschied zwischen den Versionen

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Um Mitternacht<ref>Das Datum war ursprünglich "7. Mai 1941". Es passt aber nicht recht in den Zusammenhang, vor allem mit dem später liegenden Erlebnis am 1. Mai, das bereits in Mecinka war und zu den Quellen passt. Ausgerechnet in dieser Situation stelle ich fest, dass ich vergessen habe, die Quelle zu notieren. Daher habe ich diese Übung versuchsweise auf den 6./7. April gelegt.</ref> setzt sich das Bataillon zum Treffpunkt des Regiments in Bewegung. Die Nacht ist finster. Es regnet in Strömen. Das Wasser läuft in den Hals und in die Reitstiefel. Wir sind nass und frieren. Aber es stört uns wenig. Die spannende Ungewissheit über die kommenden Ereignisse hält Offiziere und Mannschaften aufrecht. Abenteuerlust ist erwacht, und das einzige Gesprächsthema sind Vermutungen über unser Ziel und unsere Aufgaben. Der neue Tag ist angebrochen. Das Regiment marschiert immer noch bei strömendem Regen. Über die gelben, steinigen Wege laufen kleine Rinnsale. An einer Stelle ist ein Bach über die Ufer getreten und behindert unseren Vormarsch. Hier steht der Regimentskom¬mandeur, Oberst Taeglichsbeck , tropfnass und schweigend, und beobachtet, wie die Kolonnen den Engpass überwinden. Wir marschieren bis zum Mittag. Da macht das Regiment plötzlich kehrt und marschiert zurück. Erst als wir uns dem Jasłower Gebiet wieder nähern, erfahren wir, dass die ganze Geschichte nur ein Übungsalarm und ein Übungsmarsch unter erschwerten Bedingungen war.
 
Um Mitternacht<ref>Das Datum war ursprünglich "7. Mai 1941". Es passt aber nicht recht in den Zusammenhang, vor allem mit dem später liegenden Erlebnis am 1. Mai, das bereits in Mecinka war und zu den Quellen passt. Ausgerechnet in dieser Situation stelle ich fest, dass ich vergessen habe, die Quelle zu notieren. Daher habe ich diese Übung versuchsweise auf den 6./7. April gelegt.</ref> setzt sich das Bataillon zum Treffpunkt des Regiments in Bewegung. Die Nacht ist finster. Es regnet in Strömen. Das Wasser läuft in den Hals und in die Reitstiefel. Wir sind nass und frieren. Aber es stört uns wenig. Die spannende Ungewissheit über die kommenden Ereignisse hält Offiziere und Mannschaften aufrecht. Abenteuerlust ist erwacht, und das einzige Gesprächsthema sind Vermutungen über unser Ziel und unsere Aufgaben. Der neue Tag ist angebrochen. Das Regiment marschiert immer noch bei strömendem Regen. Über die gelben, steinigen Wege laufen kleine Rinnsale. An einer Stelle ist ein Bach über die Ufer getreten und behindert unseren Vormarsch. Hier steht der Regimentskom¬mandeur, Oberst Taeglichsbeck , tropfnass und schweigend, und beobachtet, wie die Kolonnen den Engpass überwinden. Wir marschieren bis zum Mittag. Da macht das Regiment plötzlich kehrt und marschiert zurück. Erst als wir uns dem Jasłower Gebiet wieder nähern, erfahren wir, dass die ganze Geschichte nur ein Übungsalarm und ein Übungsmarsch unter erschwerten Bedingungen war.
  
Als ich am nächsten Abend zur Familie Kaczkowski hinunter gehe, erkläre ich ihnen etwas verlegen (nach diesem beklemmenden Abschied!), dass es nur eine Übung gewesen sei. Zu meinem großen Erstaunen sind sie über diese Nachricht gar nicht überrascht. Sie wussten es schon, und zwar haben sie es in demselben Augenblick erfahren, als wir kehrtgemacht hatten. Sie scheinen doch einen verdammt guten Nachrichtendienst zu haben, denn sie sind über manches besser orientiert als unsere Soldaten.
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Der Futtermeister Jupp Zimmermann hat etwas ausgefressen, und ich soll ihn nach Reichshof ins Wehrmachtsgefängnis bringen. Ich im Dienstanzug mit Pistole, er im Drillichanzug. Bevor ich ihn ab¬liefere, trinken wir auf seinen Wunsch noch ein Bier in einem Restaurant. Jupp stammt aus Köln. Er war ein Schlitzohr. Er hat später beim Vormarsch viele Fotos gemacht, und ich hatte ihm für jeden Abzug seiner Bilder im Voraus eine Zigarette gegeben, insgesamt wohl 50 Stück (für Raucher damals eine Kostbarkeit), aber von seinen Fotos habe ich nur ein halbes Dutzend erhalten, und auch diese erst auf Anforderung nach dem Krieg.
 
 
 
Seit einiger Zeit ist übrigens Hauptmann Goßmann unser neuer Kompaniechef. Er war ja damals in Kombornia drei Tage lang mein Chef, bevor ich nach Jasło versetzt wurde. Er erzählte mir mal einiges über die Zeit, nachdem ich schon fort war, und sagte zum Schluss, er hätte lieber '''mich''' behalten sol¬len, denn mit Franz Bachem sei nicht viel los. Außer dem Kompaniechef haben wir noch einen Kompanie¬offizier. Er ist Oberleutnant, nicht mehr ganz jung, hat ein frisches, rundes, pausbäckiges Kinder¬gesicht, ist sehr freundlich und nimmt den Dienst sehr leicht. Bei dem letzten Mobilmachungs-Alarm waren wir schon mit dem Verladen fertig, aber der Kompanieoffizier war immer noch nicht da. Ich war für ihn eingesprungen. Als Goßmann kam und seinen Stellvertreter vermisste, war er stinkwütend. Ich aber hatte nun einen Pluspunkt bei ihm.
 
 
 
Wir lernen jetzt Russisch. Den Unterricht erteilt unser Bataillonsarzt, der fließend Russisch spricht. Teilnehmer sind alle Offiziere und OA-Feldwebel des Bataillons. In dem normalen Offiziersunterricht beschäftigen wir uns am Sandkasten mit Flussübergängen über den [[w:San_(Fluss)|San]]. Wohl war das Gerücht aufge¬taucht, dass es vielleicht gegen Russland ginge, aber so recht wollte immer noch niemand daran glau¬ben. Den Russischunterricht betrachteten wir als Beschäftigungstherapie, eine der üblichen Maßnah¬men zur Belebung des Dienstes und zur Erweiterung unserer Kenntnisse. Auch die von ''Major''<ref>im Original irrtümlich „Oberst“</ref> Haar¬haus abgehaltenen Sandkastenübungen brauchten nicht unbedingt Alarmzeichen zu sein, denn jede Ar¬mee befasst sich mit der Verteidigung seiner Grenzen, und Flussübergänge waren ein beliebtes Thema. Und außerdem hatten wir doch ein [[w:Deutsch-sowjetischer_Nichtangriffspakt|Bündnis mit der Sowjetunion]]!
 
 
 
Die meisten OA-Feldwebel werden zu Leutnants der Reserve befördert. Ich bin nicht dabei. Haupt¬mann Goßmann teilt mir mit, dass mir noch einige Wochen an der Mindestdienstzeit fehlen, die für jede Rangstufe vorgeschrieben sind. Die andern waren ja alle schon im Polen- und Frankreichfeldzug dabei, während ich noch zuhause saß.
 
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[[Kategorie:Tagebuchfragmente]]
 
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Version vom 3. Dezember 2020, 20:03 Uhr

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Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Chronik 40–45

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

Chronik 45–49

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

English

Um Mitternacht[1] setzt sich das Bataillon zum Treffpunkt des Regiments in Bewegung. Die Nacht ist finster. Es regnet in Strömen. Das Wasser läuft in den Hals und in die Reitstiefel. Wir sind nass und frieren. Aber es stört uns wenig. Die spannende Ungewissheit über die kommenden Ereignisse hält Offiziere und Mannschaften aufrecht. Abenteuerlust ist erwacht, und das einzige Gesprächsthema sind Vermutungen über unser Ziel und unsere Aufgaben. Der neue Tag ist angebrochen. Das Regiment marschiert immer noch bei strömendem Regen. Über die gelben, steinigen Wege laufen kleine Rinnsale. An einer Stelle ist ein Bach über die Ufer getreten und behindert unseren Vormarsch. Hier steht der Regimentskom¬mandeur, Oberst Taeglichsbeck , tropfnass und schweigend, und beobachtet, wie die Kolonnen den Engpass überwinden. Wir marschieren bis zum Mittag. Da macht das Regiment plötzlich kehrt und marschiert zurück. Erst als wir uns dem Jasłower Gebiet wieder nähern, erfahren wir, dass die ganze Geschichte nur ein Übungsalarm und ein Übungsmarsch unter erschwerten Bedingungen war.


Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

  1. Das Datum war ursprünglich "7. Mai 1941". Es passt aber nicht recht in den Zusammenhang, vor allem mit dem später liegenden Erlebnis am 1. Mai, das bereits in Mecinka war und zu den Quellen passt. Ausgerechnet in dieser Situation stelle ich fest, dass ich vergessen habe, die Quelle zu notieren. Daher habe ich diese Übung versuchsweise auf den 6./7. April gelegt.