3. April 1943
GEO INFO | ||||
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Brest |
Nun ist es endgültig: Wir gehen wieder nach Russland. Es ging alles sehr schnell. Ich stehe feldmarschmäßig vor Mme. Jacob, um mich zu verabschieden. Sie schenkt mir noch ein halbes Pfund Butter und verkauft mir eine Flasche Cognac und den seltenen Benediktiner. Sie möchte, dass ich ihr einmal schreibe, und ich verspreche es ihr. Sieben Jahre später, nach meiner Entlassung aus sowjetischem Gewahrsam, habe ich mein Versprechen eingelöst und eine frohe Antwort erhalten.
Hinter dem „Neuen Staatsbahnhof“ am Hafen von Brest erstreckt sich der Güterbahnhof. Hier ist unser Bataillon aufgefahren und beginnt zu verladen.[1] Trotz der Fliegerdeckung, in der die meisten Fahrzeuge stehen, wimmelt der Verladeplatz von Fahrzeugen aller Art. An manchen Stellen sind die Strohballen zu hohen Bergen getürmt, und zwischen ihnen laufen die Soldaten wie geschäftige Ameisen hin und her, schleppen Geräte in die Waggons oder führen Pferde••• S. 126 •••gespanne hinein. In wenigen Stunden sind wir fertig. Die Offiziere sammeln sich allmählich und suchen ihre Abteile auf. Einige deutsche und französische Mädchen waren noch gekommen, um uns zum Abschied ein paar Blumen zu bringen. Es sind die beiden Barmädchen aus dem Haus des Seekommandanten und einige von den Mädchen, mit denen wir in St. Renan einmal gefeiert hatten. Jetzt stehen sie etwas verloren auf dem sich leerenden Platz.
Der Lump von Bataillonsarzt, der sich damals so daneben benommen hatte, kommt übrigens nicht mit. Er hat sich, angeblich wegen eines Herzfehlers, frontdienstuntauglich schreiben lassen. Der Arztkollege hat ihm das sicher gern bestätigt. Man soll sich ja gegenseitig helfen und kameradschaftlich zusammenhalten, wir hier unter uns in der Etappe! Man sieht, es lässt sich alles deichseln, wenn man Beziehungen hat. Aber wir sind nicht böse darum. So ein Drückeberger passt nicht zu uns. An der Front brauchen wir treue Kameraden.
Und noch einer ist zurück geblieben: Oberleutnant Jablonski, der Pferdeknecht mit dem Galgenvogelgesicht, der in Slawjansk und Rai Gorodok unser Chef war. Man hat ihn als Ortskommandanten in einem kleinen französischen Ort zurückgelassen. Diesen unwürdigen und unfähigen Vertreter Deutschlands auf diesen Posten zu setzen, war wieder ein typischer Missgriff. Wenn reichsdeutsche Dienststellen einen Mitarbeiter in die besetzten Gebiete abstellen sollten, schoben sie oft die Unfähigen oder Unbeliebten ab, die sich dann im Ausland genauso unbeliebt machten, zum Schaden unseres Ansehens. Aber die Truppe macht es ebenso. Wer gibt schon gern seine tüchtigen Leute ab?! Und dann geht ein Ruck durch den Transportzug. Langsam fährt er an, rollt an der hohen Steilküste der Brester Bucht entlang und biegt dann in eine Kurve, die die Stadt und die winkenden Mädchen unseren Blicken entzieht.
Wir sehen gerade noch einen anglo-amerikanischen Bomberverband anfliegen.[2] Ob er unsere Verladung stören wollte und sich verspätet hat, oder ob er den Hafen anvisiert, wissen wir nicht. Wir spüren noch den leichten Luftdruck der Explosionen, und das ferne Grollen der Detonationen mischt sich in das dumpfe Rummeln des abrollenden Zuges.
Leb’ wohl, schöne Zeit!
Nachtrag. Einmal besuchte eine Delegation unserer japanischen Verbündeten unser Gebiet. Um eine große Truppenstärke vorzutäuschen, wurden die Einheiten angewiesen, Marschkolonnen auf die Straßen zu schicken, über die die Wagenkolonne der japanischen Delegation fuhr. Auch an unserem Bataillon kamen sie vorbei, aber die Japaner lehnten schlafend im Fond des Wagens und ignorierten uns vollständig. Wahrscheinlich wussten sie, wie man „Türken baut“.
Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang |
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- ↑ Abtransport in Brest 01.–06.04.1943 (KTB OKW 1943 S. 265 u. 290, KTB AOK 7 Frame 000362–000367)
- ↑ Gem. KTB OKW 1943 S. 277 und 287 erfolgten Angriffe auf Brest am 3. und 5. April 1943 mit 25 bzw. 18 Flugzeugen. Da das I./477 am mittleren von fünf Tagen ausgeladen wurde, muss hier der Angriff in der Mitte der Verladetage, also der am 03.04.1943 beschrieben sein.