11. März 1942
GEO & MIL INFO | ||||
---|---|---|---|---|
Andrejewka | ||||
Krassnoarmeisk | ||||
Sowchose No. 5/Kolchos 5/Schabelkiwka | ||||
wieder bei der 8./477, aber kein Zugführer Batl.-Kdr. II./477: Klaar[1] |
••• S. noch 69, Teil A •••Die bolschewistische Winteroffensive hat beachtliche Erfolge erzielt. Schon Ende Januar[2] waren russische Truppen bei Isjum über den Donez gekommen und bis Barwenkowo und darüber hinaus vorgedrungen. Jetzt haben starke sowjetische Verbände diesen Einbruch erweitert. Sie haben die deutsche Front zwischen Charkow und Slawjansk auf einer Breite von 85 Kilometer durchbrochen und sind bereits 100 Kilometer tief in unser Hinterland vorgestoßen. Dabei haben sich die Fronten der Sowjets bis fast bis an den Stadtrand von Slawjansk herangeschoben. Unsere rückwärtigen Verbindungen, schon öfter bedroht, sind bereits mehrmals unterbrochen worden. Gleichzeitig ist es den Roten gelungen, auch unsere Stellungen am Donez an vielen Stellen zu durchbrechen und manche Dörfer einzukreisen. Im Osten ist die Front stellenweise nur zwei Kilometer vom Stadtrand entfernt. Im Norden verläuft sie auf einem Höhenzug, von dem aus man die ganze Stadt übersehen kann.
Slawjansk ist von drei Seiten eingekreist. Sowjetische Batterien schießen schon in die Stadt. Aber Slawjansk ist der südliche Eckpfeiler der deutschen Front, wie Charkow im Norden. Wenn Slawjansk fällt, bricht die Front auf breiter Linie zusammen. Die Stadt muss daher gehalten werden. Sie wird zur Festung erklärt,[3] erhält schwere Artillerie und weitere Truppenverstärkungen. In der Stadt stehen jetzt 21 Batterien aller Kaliber, und ihre Rohre zeigen nach allen Himmelsrichtungen, wie die Stachel eines Igels.
11.03.1942. Auch mein bisher in Rai Gorodok stationiertes Bataillon wird abgelöst und zur Verstärkung nach Slawjansk verlegt.[4] Damit ist auch meine Tätigkeit als Verbindungsoffizier beendet, und ich kehre zum Bataillon zurück. Erst aber gehe ich zum Tross, um meine Ausrüstung zu vervollständigen. Dann verabschiede ich mich von Fritz und begebe mich zur 8./477. Die Kompanie liegt am südwestlichen ••• S. 70 •••Stadtrand in einem kleinen Dörfchen[5], das nur durch einen ca. ein Kilometer breiten Wiesengrund, einen Bachgrund, von der Stadt getrennt ist. Hier warten wir auf einen neuen Einsatz. Die Zivilbevölkerung ist freundlich.
••• S. noch 70, Teil C •••Jablonski, der Pferdeknecht und derzeitige Chef der 8. Kompanie, ist von meinem Erscheinen gar nicht begeistert. Er hat im Augenblick keine Zugführerstelle frei, und am liebsten wäre er mich sicher ganz losgeworden. Aber ich bin nun mal wieder da, und ich werde länger hierbleiben, als er.
Es geht wieder los. Unser Bataillon macht sich fertig zum Einsatz.
Etwa drei Kilometer westlich von unserem Dörfchen liegt, durch einen Bachgrund getrennt, das Dorf Krassnoarmeisk. Es ist ein langgezogenes Straßendorf, das von der Front durchschnitten wird wie eine lange Wurst in zwei Teile. Der von uns gehaltene Teil ist im Augenblick noch von einer abgekämpften österreichischen Einheit[6] besetzt, die wir ablösen sollen.
An der Front tobt der Kampf um den Rest des von uns noch gehaltenen Dorfteiles. Krassnoarmeisk ist die letzte Bastion vor Slawjansk, das Einfallstor in die Stadt. Den größten Teil des Dorfes haben die Sowjets schon besetzt. Nur der Ortsteil, der sich wie ein Finger an der Straße nach Slawjansk vorschiebt, ist noch in unserer Hand. Es ist eine etwa ein Kilometer lange Straße, an der auf jeder Seite eine Häuserreihe entlangläuft. Und quer über diese Straße läuft die Front.
In pausenlosen, erbitterten Angriffen versuchen die Sowjets, auch diesen letzten Teil des Dorfes noch in ihre Hand zu bekommen. Sie haben den Vorteil, dass ihre auf den Höhen liegenden B-Stellen das ganze Tal und das Dorf einsehen, jede Bewegung beobachten und direkt beschießen können.
••• S. noch 73, Teil E0 •••Drüben auf der linken Seite jedoch, auf den Höhen weit hinter der Front, liegt eine Kolchose[7]. Da braut sich etwas zusammen. Schon seit Tagen sieht man dort vereinzelte Gestalten zwischen der Kolchose und dem russisch besetzten Ortsteil hin und her laufen.[8] Kleine dunkle Striche auf dem weißen Schnee. Im Glas sieht man ihre erdbraunen Mäntel flattern und die Ohrenklappen ihrer Pelzmützen auf und ab wippen. Sie gehen einzeln oder zu zweit in großen Zeitabständen. Ab und zu geht auch mal einer zurück. Alles ganz unauffällig. Immer nur wenige Mann. Viele Tage lang. Wenn man sie zählen würde, könnte man feststellen, dass im Laufe der Zeit mehr hineingingen, als aus der Kolchose herauskämen. Und sie wurden gezählt, nämlich von unseren Artilleriebeobachtern. Als ich den Offizier der B-Stelle einmal bat, einen Feuerschlag auf die roten Stellungen an der Dorfstraße zu legen, meinte er, die Kolchose sei gefährlicher. Tatsächlich schießt unsere Artillerie schon seit zwei Tagen Störfeuer auf die Kolchose, und sie wusste, warum.
Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang |
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente |
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen |
- ↑ im Mai 1942 gefallen (Benary S. 210), Verband wird als „Bataillon Klaar“ bezeichnet
- ↑ im Original irrtümlich „vor Weihnachten“, es gab aber vor dem 18.01.1942 keinen Angriff auf Barwenkowo.
- ↑ vgl. Äußerung GenOb Hoth am 12.04.1942 (KTB 257. I.D., NARA T-315 Roll 1804 Frame 000851)
- ↑ KTB 257. I.D., NARA T-315 Roll 1805 Frame 000509, Roll 1804 Frame 000817
- ↑ wohl Andrejewka, wohin das Bataillon in der Nacht 10./11.03. verlegt wurde (Frame 000817/19)
- ↑ Gemäß Lagekarte waren es Soldaten der 101. leichten I.D., gemäß Benary (S. 80) deren I.R. 228, seit Januar 1942 der 257. I.D. unterstellt, gem. KTB 257. I.D. möglicherweise die 68. I.D. (Roll 1804 Frame 000821), die aber aus Guben an der Neiße stammt und nichts österreichisches an sich hatte, eher jedoch das vom II./477 abzulösende I./I.R. 229 (Roll 1805 Frame 000512). Die 101. le.I.D. war zwar im Wehrkreis Böhmen und Mähren aufgestellt worden, gehörte aber zum südwestdeutschen Wehrkreis V; einige Österreicher oder Böhmen könnten daher wohl noch dabei gewesen sein. Es gibt ein Foto, das beweisen soll, dass Gebirgsjäger in Slawjansk waren.
- ↑ auf der Karte Russland 1:100.000 Blatt M-37 111-112 „Sowchose No. 5“, im KTB 257. I.D. „Kolchos 5“; heute heißt der Ort Schabelkiwka
- ↑ KTB 257. I.D., NARA T-315 Roll 1805 Frame 000520