20. Juli 1942

Aus Westmärker Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Kapitel‑Finder

Kalendernavigation ab 1942 1942-09.jpg

Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Chronik 40–45

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

Chronik 45–49

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

English
GEO INFO
20.: –Kremennaja[1] Karte — map
21.: –WarwarowkaMichailowkaNowo Astrachan[1] Karte — map Karte — map Karte — map
Don-Steppe in der Oblast Wolgograd (Foto: justphotos.ru) – Die Kamera klammert sich an die Bäume im Vordergrund, um die Endlosigkeit zu kaschieren.

Die breiten Auen der Donezniederung machen uns stellenweise viel zu schaffen. Gestern haben wir eine Sumpfstelle[2] über Knüppeldämme und eine kleine Brücke überquert. Das kostet immer sehr viel Zeit, weil die Fahrzeuge einzeln in großen Abständen und sehr vorsichtig fahren müssen. Und wenn ein Fahrzeug mal absackt und steckenbleibt, stockt der ganze Weitermarsch. Heute mahlen sich die Räder unserer Fahrzeuge durch tiefen, losen Sand. Wir folgen dem Flussbett eines kleinen Doneznebenflusses[3] unten in der Talsohle, aber dicht am Talhang. Endlich taucht oben am Rand des Hanges ein Dorf[4] auf. Der Weg dorthin führt schräg am Hang hinauf und ist ziemlich steil. Der Talhang ist hier etwa acht bis zehn Meter hoch. Mit letzter Anstrengung erklimmen unsere braven Pferde den Weg, der in das Dorf einmündet.

Nun gehen die Tage wieder in dem wohlvertrauten Rhythmus des zügigen Vormarsches dahin. Morgens aufstehen, waschen, frühstücken, fertigmachen. Dann treten die Kompanien auf den Straßen an. Die täglich wechselnde Spitzenkompanie setzt sich in Marsch, die anderen fädeln sich aus den Nebenwegen ein, und dann zieht sich die lange Schlange der Kolonnen über die weiten, heißen Steppen Südrusslands dem Don entgegen. Die weiten Ebenen der Donezniederungen haben wir hinter uns. Nach stundenlangem Marsch in flimmernder Sonnenglut ist dann am frühen Nachmittag das Tagesziel erreicht, ein Dorf. Wenn die Lage es zulässt, werden Quartiermacher vorausgeschickt, die dann die ankommenden Einheiten einweisen und zu den vorgesehenen Unterkünften leiten. Die Pferde werden ausgespannt und versorgt, die Soldaten nehmen die notwendigste Ausrüstung in die Quartiere mit. Die Fahrzeuge bleiben beladen. Die Unterführer besichtigen die Quartiere und machen die üblichen Meldungen und dann sind auch sie frei. Im Laufe des Abends kommt dann noch der Marschbefehl für den nächsten Tag. Schließlich schläft alles dem nächsten Morgen entgegen. Nur die Quartier- und Fahrzeugwachen machen ihren nächtlichen Wachdienst. Und am nächsten Morgen geht es wieder weiter, nach Osten, in die Donsteppen hinein.

Wir haben eines der typischen Riesendörfer erreicht, wie sie häufig in den Steppen zu finden sind. Die dienstlichen Angelegenheiten sind erledigt. Ich habe meine Uniform ausgezogen und laufe in Turnhose herum. Ich wohne in einem Eckhaus, und an dem gegenüberliegenden Eckhaus steht ein Mädchen. Auf meine Frage, ob sie Einquartierung habe, sagt sie: „Ja, vier Mann“. Mir kommt die Sache unglaubwürdig vor. Ich gehe mit ihr ins Haus und stelle fest, dass außer ihr und ihrer Mutter kein Mensch im Haus wohnt. Da lacht sie mir ins Gesicht und freut sich, dass sie mich gefoppt hat. Die vier Mann waren früher hier mal einquartiert. Sie zeigt auf einige Fotos, die in einem kleinen Rahmen auf der Kommode stehen. Fotos von deutschen Soldaten.

In einem anderen Haus liegt eine uralte Babuschka[5] schlafend im Flur. Als ich sie berühre, erschrickt sie furchtbar, erhebt sich und geht brummelnd in die Stube.••• S. 100: Unterbrechung des Haupttextes •••

••• S. 101 weiter: Einschub einer allgemeinen Beschreibung der Märsche vom Ende des 25.7.42. •••In 30-km-Märschen täglich stoßen wir in die weiten Steppen zwischen Donez und Don vor, direkt in den großen Donbogen hinein. Wir überqueren die tiefen Talmulden der Donez-Nebenflüsse. Die endlosen Steppenhochflächen zwischen diesen Mulden sind öde und baumlos. Im Augenblick ziehen wir durch eine ganz besonders karge Landschaft. Auch die Dörfer sind hier kleiner und ärmlicher. Die früheren Dörfer hatten oft Vorgärten mit Holzzäunen. Hier sind die kleinen Lehmkaten von niedrigen Kalksteinmauern umgeben. Die ganze Siedlung ist ohne Baum und Strauch. Eine verlorene menschliche Niederlassung in einer grenzenlosen, öden Weite. Wir folgen dem Weg, der sich in der Ferne verliert. So weit das Auge reicht, dehnt sich das baumlose Grasland. Mal sind es kärgliche, braune Büschelgrasflächen, mal grünlich-bunte Gefilde mit hüfthohen, dicht wuchernden Gräsern, in denen sich die Füße verfangen, wenn man hindurch schreiten will. Die Dörfer liegen 25 bis 30 Kilometer weit auseinander, und zwischen ihnen dehnt sich die unübersehbare, grenzenlose, menschenleere Steppe.

Wer je diese uferlose Weite erlebt hat, der versteht die Melancholie, die die russische Seele erfasst beim Anblick dieser formlosen Öde. Und wer je das Ausmaß ungezähmter und unberechenbarer Naturgewalten in diesem Land erlebt hat – seien es extreme Kältegrade und Eisstürme oder sommerliche Gluthitze und katastrophale Dürren – der ahnt etwas von der Formkraft der Elemente auf die russische Seele. Sie spiegeln sich im Wesen des russischen Menschen wider, in der Maßlosigkeit seiner Gefühlsausbrüche, seiner Brutalität ebenso wie seiner Gutmütigkeit. Der Russe ist wie die Landschaft und die Natur, in der er lebt, und die ihn geprägt hat: Melancholisch, maßlos, unberechenbar (s. auch unten ••• S. 368 •••).

Mit uns marschiert ein Kosakenbataillon.[6] Es ist eines dieser Turkbataillone[7], die aus Freiwilligen aller sowjetischen Völker bestehen und gegen den Bolschewismus kämpfen, gegen die großrussische Vorherrschaft, für ihre völkische und kulturelle Freiheit. Der Bataillonsführer, die Kompanieführer und ein Teil der Unteroffiziere sind meist Deutsche. Man muss sich an die Andersartigkeit dieser Menschen erst gewöhnen. Ihr Auftreten entspricht so ganz und gar nicht unseren Vorstellungen von soldatischer Zucht und Ordnung, aber es sind wilde Krieger. Und so ziehen sie auch im Augenblick an uns vorüber. Ein wahrer Zigeunerhaufen. Die Kolonne besteht aus einer langen Reihe der üblichen kleinen Panjewagen, auf denen die Kosaken bäuchlings herumliegen und sich durch die Gegend kutschieren lassen. Einer von ihnen spielt auf einem Akkordeon eine flotte Melodie, und ein paar andere singen mit. Ein Teil der Kosaken ist beritten. Der Spieß, ein SS-Feldwebel, fährt in einer richtigen Kutsche. Neben ihm sitzen zwei Mädchen, die wohl als Küchenpersonal und Mädchen für alles Verwendung finden. Marketenderinnen des 20. Jahrhunderts.••• S. 102: Ende der allgemeinen Beschreibung der Märsche •••••• S. 100 weiter: Fortsetzung des Haupttextes •••


— nächstes Datum — next date →

Editorial 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 Epilog Anhang

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Eine Art Bilanz Gedankensplitter und Betrachtungen Personen Orte Abkürzungen Stichwort-Index Organigramme Literatur Galerie:Fotos,Karten,Dokumente

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Erfahrungen i.d.Gefangenschaft Bemerkungen z.russ.Mentalität Träume i.d.Gefangenschaft

Personen-Index Namen,Anschriften Personal I.R.477 1940–44 Übersichtskarte (Orte,Wege) Orts-Index Vormarsch-Weg Codenamen der Operationen im Sommer 1942 Mil.Rangordnung 257.Inf.Div. MG-Komp.eines Inf.Batl. Kgf.-Lagerorganisation Kriegstagebücher Allgemeines Zu einzelnen Zeitabschnitten Linkliste Rotkreuzkarte Originalmanuskript Briefe von Kompanie-Angehörigen

  1. 1,0 1,1 KTB 257. I.D., NARA T-315 Roll 1804 Frame 000933
  2. Die Umgebung von Jampol ist in der Tat sehr supmpfig.
  3. möglicherweise die Krasnaja
  4. möglicherweise Kremennaja
  5. бабушка, Großmutter
  6. Es handelte sich um die Kosakenschwadron des XXXXIV. A.K., die gem. KTB 257. I.D., NARA T-315 Roll 1804 Frame 000932 ab 18.07.1942 der 257. I.D. unterstellt war; Details siehe oben.
  7. Die Einheit war wohl kein wirkliches Turkbataillon.